Emil Kneiß

In den Ausgaben des Grafenauer Anzeigers für die Jahre 1928 bis 1937 finden sich viele Karikaturen ein und desselben Zeichners.

Münchner Zeitungsblock christlich-konservativ?

Die NSDAP schieStresemannn in dem Münchner Zeitungsblock keinen besonderen Befürworter zu haben. Aber wo konnte man genau erkennen, wie Eck und sein Zeitungsblock zu den Nazis standen?
Der Wahlkampfauftritt Stresemanns im Münchener Bürgerbräu am 25./26. April 1928 war für den “Progoderer Stresemann” nicht so harmlos, wie ihn Emil Kneiß darstellte. Vor allem die anwesenden Nationalsozialisten störten die Versammlung. “Um mich war ein Pfeifen, ein hundertstimmiges Gejohle und Geplärre, daß ich momentan glaubte, beim Georgibier im Mathäser zu sein.” Das schrieb “Spirifankerl” am nächsten Tag im Münchner Zeitungsblock. Und dort wurde fast eine ganze Seite diesem Auftritt eingeräumt; aus Stresemanns Rede wurde ausführlich zitiert. Aber auch die Reaktion des Publikums wurde geschildert:Stresemann2

War Klaus Eck zuletzt “geläutert”?

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Die Teilnehmer an der Beerdigung von Klaus Eck waren durchwegs dem bayerisch-bäuerlichen Milieu zuzuordnen. Dr. Conrad Adlmaier, der Nachfolger Ecks als Hauptschriftleiter, war in der Organisation der Trachtenvereine des Oberlands engagiert; er leitete auch weiterhin das Verbandsorgan “Oberländer Heimat-Bote” bis 1966(!). Ab Juli 1929 werden viele Kneiß-Karikaturen von Gedichten begleitet, deren Autor “Dr. A.” oder “D. A.” zeichnet.

Aber hat die “Bayerische Landebibliothek online” wirklich recht, wenn sie bei der “Fürstenfeldbrucker Zeitung” schreibt:

Auch wenn der “Zeitungsblock” dem Buchgewerbehaus Müller & Sohn in München gehörte, das auch den “Völkischen Beobachter” verlegte, waren die Presseerzeugnisse des “Zeitungsblocks” vor 1933 nicht explizit nationalsozialistisch. Die Ausrichtung wird in den zeitgenössischen Pressehandbüchern entsprechend auch mit christlich-konservativ (1928), später mit vaterländisch (1931) angegeben.

 

Ein sauberes Trio

Die weitere Suche nach Fritz Salzberger führte zu einem Artikel, der am 18. August 1989 in der “Zeit” erschienen war. Ausgehend von der endgültigen Aufarbeitung der berüchtigten Artikel im “Miesbacher Anzeiger” (Wilhelm Volkert, 1989) stand dort:

Weihnachten 1919 wird Thoma eine Wiedergutmachung zuteil: Er erhält das Band der Studentenverbindung Suevia zurück, das er fast 32 Jahre zuvor wegen Feigheit beim Fechten verloren hatte. Man nimmt ihn auf in das Tegernseer Honoratioren-Corps Visigothiae-Rostock, dessen Vorsitzender der Apotheker Fritz Salzberger ist. Durch ihn wird Thoma mit Klaus Eck, dem Redakteur des Miesbacher Anzeiger, bekannt. Die beiden verstehen sich auf Anhieb – und das Unheil kann seinen Lauf nehmen. Salzberger wird die Deckadresse für die 172 anonymen Beiträge sein und sie unauffällig an Eck weiterleiten. Als Honorar erhält der berühmte Mitarbeiter Importzigarren.

Beileid-DrHeldEmil Kneiß kannte wohl Thoma, Salzberger wie auch Eckart und wusste “um deren Zusammenarbeit”. Thoma war im August 1921, Eckart im Dezember 1923 gestorben. Vielleicht wollte Kneiß nun, im Juni 1929, ironisch nochmal daran erinnern. Denn zum Tode von Klaus Eck kam sogar vom Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Held (BVP) ein Beileidschreiben.

Und der Bericht über die Beerdigung Kaus Ecks zählt eine Unmenge von Personen auf, die ihm das letzte Geleit gaben. Er nennt dabei (mit einer Ausnahme) keinen Angehörigen der NSDAP. Und diese eine Ausnahme ist der nur als Kreisrat titulierte Hermann Esser, der seine Worte am Grab “mit dem Bedauern” (begann), “daß Klaus Eck zwar nicht zu den Ihren gehört habe, und erinnerte dann im Namen Hitlers an die frühere gemeinsame Kampffront in den Zeiten der vaterländischen Not.”

 

Gedicht zum Empfang im Himmel

Gedicht-Eck-im-Himmel Das Gedicht unter der Karikatur kann hoffentlich (fast) jeder lesen. Es enthält zwei wichtige Stellen:
1. “Und Samstag hab’n mir g’lacht im Chor /  Über den weiß-blauen Galg’nhumor.”
2. Der Salzberger: “Ja, grüaß di’, Eck, / Bist du denn aa scho’ auf’m Weg,”

Damit steht wohl Klaus Eck als Ideengeber und Begründer des “Weißblauen Galgenhumors” fest. Und der stämmige, idealtypische Bayer dürfte ein gewisser Salzberger sein. Doch da hat gleich Google geholfen: mit “Salzberger + Thoma”. Die Website der “Alten Stadtapotheke Miesbach” beschreibt den Apotheker Fritz Salzberger (gestorben 1925) so:

Er traf sich oft mit seinen Freunden Ludwig Thoma, Dietrich Eckart und Klaus Eck.
Dieser bärenstarke Mann ist wirklich wie ein Baum gewesen, breit und hoch, schwarz und stämmig; in Südtirol, wo er so gerne weilte, haben sie geglaubt, der Andreas Hofer sei leibhaftig aufgestanden, nur noch wuchtiger und größer

Und jetzt steht plötzlich wieder jener Dietrich Eckart (gest. 23. Dezember 1923) im Raum.

 

Fürstenfeldbrucker Zeitung 3. Juni 1929

Über die Seite “Bayerische Landesbibliothek online” war ich zur Fürstenfeldbrucker Zeitung gekommen, auf deren Kopf ich für Januar 1928 als Herausgeber und verantwortlichen Schriftleiter Klaus Eck fand. Im August 1929 war aber im Kopf zu lesen: “Mitbegründer: Klaus Eck, Hauptschriftleiter Dr. Conrad Adlmaier”. Da ich von Klaus Eck bereits das Todesjahr 1929 wusste, begann ich diese 949 Seiten (von Januar bis August 1929) mit dem Verfahren der Intervallhalbierung durchzusehen, um das erstmalige Auftreten des Dr. Adlmaier zu finden. Von dort ging es Seite für Seite weiter: bis zu d-e-r Karikatur! “Wia da Klaus Eck im Himmel empfangen werd”, von niemand anderem als Emil Kneiß gezeichnet.

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Ganz links: Klaus Eck. Am Tisch mit Pfeife: unverkennbar Ludwig Thoma (Gest. 1921). Und die beiden anderen Herren? (wobei Petrus = Petrus ist?)

 

Der Münchner Zeitungsblock

Aber wie kam Emil Kneiß zu diesen Zeitungen, die ja auch im Buchgewerbehaus gedruckt wurden? Ab den frühen 20er-Jahren schlossen sich mehrere lokale Zeitungen Oberbayerns zu einem “Bayerischen Zeitungsblock” zusammen. Sie erschienen dann als sogenannte Kopfblätter, d.h. der überregionale Teil war allen gemeinsam und stammte von einer Redaktion, die im Buchgewerbehaus untergebracht war. Der Lokalteil wurde vor Ort erstellt. Wer für diesen Zusammenschluss die treibenden Kräfte waren, ist, wie es scheint, noch nicht untersucht worden. Ein Hinweis mag sein, dass im Kopf der “Fürstenfeldbrucker Zeitung” am 1. Januar 1928 (5. Jahrgang!) als Herausgeber und verantwortlicher Schriftleiter für Politik ein Klaus Eck aufscheint. Dieser Klaus Eck war es, der 1920 als Redakteur des “Miesbacher Anzeigers” Ludwig Thoma Gelegenheit gab, unter einem lange nicht aufgedeckten Pseudonym Hasstiraden gegen Juden und die Spitzen der Reichsregierung zu veröffentlichen. Klaus Eck schied 1922 als Redakteur des Miesbacher Anzeigers aus.
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Einen weiteren Hinweis habe ich auf der Website theodor-frey.de gefunden. Frey schreibt bezüglich der Schellingstr. 41:

Ernst Hanfstaengl gab im August 1923 ein Darlehen für den Kauf einer amerikanischen Rotationsmaschine, die im amerikanischen Großformat druckte und in der Druckerei Müller & Sohn, Schellingstraße 41 zum Einsatz kam.

Zur Erinnerung: Ernst Hanfstaengl gehörte zu den frühen Förderern Adolf Hitlers; unmittelbar nach dem gescheiterten Putschversuch 1923 verbarg sich Hitler im Landhaus Hanfstaengls in Uffing am Staffelsee.

Kreuzung Barer-Schellingstraße

In meinem Gedächtnis tauchte nun auf, dass in diesem Buchgewerbehaus der “Völkische Beobachter” und auch “Mein Kampf” gedruckt worden waren. Die Suche nach diesen Begriffen förderte zutage, dass in dieser Gegend, eben an der Kreuzung Barer-Schellingstraße, die NSDAP ihre ersten verderblichen Blüten getrieben hatte. Dietrich Eckart, Hitlers Mentor und zweitweise Chefredakteur des “Völkischen Beobachters”, stellte Adolf Müller schon 1920 Hitler vor. Der Franz-Eher Verlag, seit 1920 im Alleineigentum der NSDAP, konnte darum im Buchgewerbehaus alle seine Zeitungen, Zeitschriften und Bücher drucken. Adolf Müller war auch eng befreundet mit dem Fotografen Hitlers, Heinrich Hoffmann, der gegenüber in der Schellingstr. 50 (Rückgebäude) sein Atelier hatte.

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In diesem Rückgebäude befand sich von 1925 bis 1931 die Geschäftsstelle der NSDAP. Ist davon dieser Adler noch ein stummer Zeuge?

 

Münchner Buchgewerbehaus

Das “Münchner Buchgewerbehaus” war mir aus der Studentenzeit noch in Erinnerung: bei den Studentenunruhen 1968 kamen bei Demonstrationen vor diesem Haus (denn dort wurde die BILD-Zeitung gedruckt) sogar zwei Menschen ums Leben.
Wikipedia wusste für die Zeit vor dem 2. Weltkrieg Bescheid: Adolf Müller und sein Vater Michael gründeten 1914 (zusammen mit einem Otto Königer) die Druckerei “Münchner Buchgewerbehaus”. Für erste war nun klar, dass der “Rechnungsrat” auf der köstlichen Karikatur von 1929 den Kalender aus eben dieser Firma M. Müller & Sohn abriss.

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Woher kommt die Seite “Weißblauer Galgenhumor”?

Neben der Suche nach der Identität des Karikaturisten stand auch immer die Frage, woher Otto Morsak die Seite “Weißblauer Galgenhumor” erhielt; schon ihr kleineres Format verriet, dass sie mit Sicherheit nicht in Grafenau erstellt wurde. Und wieder war zunächst “Googeln” angesagt.

Als erstes wurde bei Amazon ein Buch “Weißblauer Galgenhumor” angeboten: Autor war ein Karl Riedelsheimer. Der Umschlag verriet, dass die Karikaturen von Emil Kneiß sich darin wiederfinden würden, aber auch die unzähligen Späße und Anekdoten auf den Seiten des “Galgenhumors”. Aus diesem Buch zitierte die nächste Google-Fundstelle: der AK Heimatgeschichte Mitterfels.

Arbeitskreis Heimatgeschichte Mitterfels

Die Geschichte von den “mutigen Redakteuren” stimmt wohl nicht, denn da die Originalversion ja lautet: “Und wenn in der Tschechei auch 15 Parteien aufmarschieren, wie bei uns, dann …”, dann ist es unwahrscheinlich, dass diese Anekdote nach Januar 1933 unter “Weißblauer Galgenhumor” zu finden war.

Buzi auf Postkarte und Stresemann in der Lederhose

Ob eines solchen Erfolgs suchte ich weiter nach Kneiß: auf Ebay kam z.B. wieder der Buzi, hier in einer farbigen Postkartenfassung von 1954.

Buzi von 1948 auf Postkarte (in Farbe)

Und bei den Karikaturen des Jahres 1928 kam ein köstliches Bild des Außenministers Stresemann: nicht im “Stresemann”, sondern in der Lederhose.

Außenminister Stresemann in der LederhoseSONY DSC

 

 

 

 

Hintergrund für diese Karikatur war, dass Gustav Stresemann in Oberbayern und Schwaben für die Deutsche Volkspartei sich als Spitzenkandidat für die Reichstagswahl hatte aufstellen lassen.